Press release

Alge des Jahres 2023: Die landlebende Jochalge Serritaenia baut ihren eigenen Sonnenschirm

Serritaenia-Kolonien auf den Blättchen des Frauenhaarmooses, gesammelt im Oberbergischen Land. Foto: Sebastian Hess

Die feuchten Wälder des ozeanisch geprägten westlichen Deutschlands beherbergen eine reiche Algenflora. Anna Busch und Dr. Sebastian Hess von der Universität zu Köln untersuchen seit einigen Jahren schwärzliche Überzüge auf Moosen, Totholz und Baumstämmen. Diese entpuppten sich durch ihre mikroskopischen und genetischen Analysen als eine neue Mikroalgen-Gattung mit einer bis dato unbekannten und ziemlich einzigartigen Sonnenschutzstrategie. Wie die Biolog*innen herausfanden, bilden die Algen farbige Gallerthüllen, die effizient Licht und UV-Strahlung blocken und so ein Leben an Land ermöglichen. Busch und Hess, die der „Sonnenschirmalge“ auch einen wissenschaftlichen Namen verliehen haben, sind Mitglieder der Sektion Phykologie der Deutschen Botanischen Gesellschaft. Diese kürte die Gattung Serritaenia aufgrund ihrer bemerkenswerten Fähigkeiten zur Alge des Jahres 2023.

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News-Timeline · Publication

Zweite eingeschleppte Schlauchalge beschleunigt Veränderungen im Wattenmeer

Die neu eingeschleppte Schlauchalge Vaucheria longicaulis hat feine Fäden in denen sich der Schlick ablagert. Sie breitete sich seit September 2020 im Sylter Watt aus. Foto und (c): Karsten Reise

Inzwischen ist eine zweite Schlauchalge ins Wattenmeer eingewandert und als Vaucheria longicaulis identifiziert, wie Forschende der Universität Göttingen, vom Alfred-Wegener-Institut des Helmholtz-Zentrums für Polar- und Meeresforschung und des Nationalparks Niedersächisches Wattenmeer jüngst im Fachjournal Phycologia belegen [1]. Diese eingeschleppte Art mit dünnen Fäden breitet sich ebenfalls aus und sattelt auf die Schlickpolster der Sommer-Art Vaucheria velutina auf, deren Fäden dicker sind. So verstärkt die zweite Schlauchalge die bereits ausgelösten Veränderungen im Wattenmeer nochmals: Die Sommer-Art verbreitete sich im Watt der Insel Sylt und häuft über gerippeltem Nordseeboden Schlick an. Zwischen dem grasartigen Rasen der Alge bleibt feiner Schlick hängen, der gut zehn Zentimeter aufragt und so die Topografie und die Zusammensetzung der Sedimente des Meeresbodens nachhaltig verändert. Aus Sandwatt werden matschige Flachwasserzonen, wie eine weitere Publikation in diesem Jahr belegt [2]. Überall dort, wo sich die Polster der Schlickalge Vaucheria velutina ausbreiten, sind keine Wattwürmer mehr zu finden [3]. Da der Wattwurm einer der bedeutsamsten Tiere des Watts ist, rechnen die beteiligten Biologinnen und Biologen mit einer nachhaltigen Veränderung des Ökosystems Wattenmeer durch die eingeschleppten Algen. Unsere Sektion Phykologie hatte daher bereits im Dezember 2020 auf die Ausbreitung der Vaucheria-Algen hingewiesen und sie zur Alge des Jahres 2021 gewählt.

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[1] Rybalka, N., Epkes, S., Wegner, K. M., Michaelis, R., Reise. K. (2022): Invasive Vaucheria (Xanthophyceae) at the lower shore of the Wadden Sea. Phycologia. DOI: 10.1080/00318884.2022.2035532    
[2] Reise, K., Michaelis R., Rybalka, N. (2022): Invading grass-like alga transforms rippled sand bars into bumpy muddy flats: arrival of a game changer in the Wadden Sea? Aquatic Invasions 17(1): 1–20 (open access) https://www.reabic.net/aquaticinvasions/2022/AI_2022_Reise_etal.pdf
[3] Reise, K., Lackschewitz, D., Wegner, K. M. (2022): Marine turf of an invasive alga expels lugworms from the lower shore. Marine Biology 169: 16 (open access) DOI: 10.1007/s00227-021-04004-9